Teil 2

 

In der Nacht schleicht sich eine dunkle Gestalt durch die Räume. Leise gleitet sie in Takutos Zimmer. Der Junge liegt in seinem Bett, er schläft tief und fest. Mondlicht umschimmert ihn silbern. Sein Mund ist leicht geöffnet, die Haare zerwuselt, die Wangen ein wenig gerötet. Er wirkt völlig unschuldig, einfach zum Anbeißen.

Die Gestalt zögert. Langsam tastet sie sich näher, streichelt das schöne Gesicht. Schließlich streift sie ihre Kleidung ab, hebt die Decke an und gleitet darunter. Takuto ist gewöhnt, daß Koji nachts zu ihm kommt, er rutscht im Tiefschlaf ein wenig auf Seite und schmiegt sich an den warmen Körper hinter ihm.

Die Gestalt stutzt. Damit hatte sie beim besten Willen nicht gerechnet. Behutsam schiebt sie einen Arm unter seinen Kopf und zieht ihn an sich. Takuto kuschelt sich automatisch an die breite Brust, murmelt etwas von "Koji ..." und schläft weiter.

Die Person hält ihn fest und streichelt seinen Körper. Eigentlich war es Wut, die ihn zu dem Jungen getrieben hat. Aber das Gefühl, jemanden im Arm zu haben ist einfach zu schön.

Langsam werden die Berührungen der Person fordernder. Er preßt den schlanken Körper an sich und küßt ihn auf die Stirn. Seine rechte Hand schleicht zu seinem Geschlecht, das sich bereits aufgerichtet hat. Der Mann beginnt, sich selbst zu streicheln. Während er masturbiert reibt er sein Gesicht an Takutos Wange und küßt ihn immer wieder. Takuto beginnt, im Schlaf unruhig zu werden, sich herum zu werfen. Der Mann hält ihn fest, unterdrückt sein Stöhnen, bis er sich zusammenzieht und heiße, klebrige Flüssigkeit über seine Finger läuft.

Noch bevor Takuto richtig wach ist, gleitet die Person aus dem Bett, zieht sich an und verschwindet nach einem letzten Kuß wieder in den Schatten.

 

Beim Frühstück fragt sich Takuto immer noch, ob er nur heftig geträumt hat. Er wird durch den Kommandeur aus seinen Überlegungen gerissen.

"Reiter Izumi - bitte folge mir."

Der Kommandeur führt ihn in einen Nebenraum, in dem der Berater des Imperators schon auf sie wartet. Takuto hat ein seltsames Gefühl im Magen.

Der Berater beginnt ohne Umschweife.

"Bei deiner Ehre als Drachenreiter: Bist du mit einem Mann zusammen, Ja oder Nein?"

Takuto zuckt zusammen, entsetzt starrt er den Berater des Imperators an. Seine Karriere, nein, sein ganzes Leben hängt jetzt von dieser Antwort ab. Er strafft seine Schultern und richtet sich auf.

"Ja, ich habe einen Partner. Mein Dienst hat niemals darunter gelitten und ich habe meine Aufgaben gut erfüllt. Mein Privatleben geht niemanden etwas an."

"Du irrst dich, Junge. Als Drachenreiter hast du ein Vorbild zu sein. Als Reiter eines Bronzedrachen genauso wie die Silberdrachenreiter. Du bist hiermit suspendiert. Dein Drache wird einen neuen Reiter bekommen. Pack deine Sachen und verschwinde."

 

Eine Welt bricht zusammen. Takuto starrt den Berater des Imperators wortlos an. Schließlich dreht er sich um und stürmt in seinen Raum. Seine Sachen sind schnell gepackt, sie füllen kaum eine Umhängetasche. Hisaya schaut zur Tür herein, er sieht den verzweifelten Jungen an und beißt auf seine Unterlippe.

"Es tut mir leid. Was wirst du jetzt tun?"

"Ich weiß es nicht. Ich kehre nach Yakazu zurück, dort sehe ich weiter."

 

Takuto wirft die gepackte Tasche über seine Schultern. 11 Jahre. 11 Jahre hat er treu und zuverlässig gedient. Auf ein normales Leben, Familie und Freunde verzichtet.

Oft genug sein Leben riskiert. Alles vorbei.

Er unterdrückt mühsam seine Tränen und stürzt zur Tür hinaus, in Richtung Drachenhöhle. Hisaya hält ihn zurück. "Du kannst dich nicht von Tetsu'ko verabschieden, der Berater hat verboten, daß du die Drachenhalle noch mal betrittst. Aber ich habe dir ein Pferd satteln lassen. Du kannst es behalten. Wenn jemand deswegen Ärger macht, nehme ich es auf meine Kappe." Der Junge nickt. Er dreht sich weg und will den Gang hinuntergehen zum Ausgang. Hisaya  greift nach ihm und hält ihn kurz fest. "Du bist ein guter Freund und ein wertvoller Drachenreiter. Es war eine Ehre, dich in meiner Truppe zu haben.

Wenn es dich tröstet: Fast alle sind nicht mit der Entscheidung einverstanden. Mach bitte keine Dummheiten." Takuto sieht ihm mit tränenverschleierten Augen an. Ohne Antwort reißt er sich los und verläßt den Drachenhort, sein Zuhause seitdem er sieben Jahre alt war, für immer. Er

besteigt das Pferd und läßt in wildem Galopp den Hort hinter sich.

 

Tetsu'ko hebt unruhig seinen Kopf und lauscht. Wo Takuto wohl bleibt? Sein Reiter ist viel zu spät heute. Die anderen Drachen dösen noch ein wenig vor sich hin, aber er wird immer nervöser. Schließlich kommen einige Reiter. Sie satteln ein paar der anderen Drachen. Einer, so ein junger, unerfahrener kommt auch zu ihm und sattelt ihn. Tetsu'ko knurrt überrascht. Na ja, vielleicht verspätet sich Takuto ja und der Bursche soll ihn schon mal vorbereiten. Gutwillig läßt er sich satteln, auch wenn sich der Bursche ziemlich ungeschickt anstellt. Die anderen Reiter schwingen sich auf ihre Drachen und steigen auf. Der Bursche setzt sich auf Tetsu'ko und gibt das Kommando zum Start.

Der Bronzedrache dreht seinen Kopf nach hinten und mustert den Burschen überrascht.

"Na los, heb schon ab. Worauf wartest du?"

Der Bursche tritt ihm doch tatsächlich mit den Fersen in die Seite! Tetsu'ko schnaubt empört. Ein heftiger Flügelschlag wischt den Burschen von seinen Rücken wie eine Schaufensterpuppe.

Der junge Mann klatscht auf den Boden und rollt noch ein paar Meter weiter, bevor er genau vor den Füßen des Beraters liegen bleibt. Der Mann starrt verwirrt den Drachen an.

"Was soll das?"

Hisaya zuckt die Schultern. "Die Drachen gehorchen ihrem Reiter, weil sie ihn mögen. Es sind keine Pferde, die jeder einfach so besteigen kann. Ihr könnt nicht einfach so einen Reiter austauschen. Wenn ein Reiter stirbt, kann man dem Tier einen neuen anbieten nach seiner Trauerzeit. Aber einfach so - keine Chance."

Tetsu'ko sieht die Männer fragend an. Der Bursche rappelt sich inzwischen mühsam auf und hinkt zum Berater. "Es tut mir leid, Vater. Er hat mich einfach abgeschüttelt."

"Vater?!" Hisaya starrt den Berater entsetzt an. "Heißt das, Ihr habt Takuto aus dem Dienst gejagt, um euren Sohn einen Drachen zuzuschustern? Das darf nicht wahr sein!"

Der Berater wirft gereizt seinen Kopf zurück. "Mein Sohn ist perfekt für einen Drachen geeignet. Es ist sein Traum seit seiner Kindheit. Außerdem seid Ihr nicht in der Position, meine Entscheidungen in Frage zu stellen. Du da - " er wendet sich an Tetsu'ko; " das hier ist dein neuer Reiter. Akzeptiere ihn auf der Stelle!"

Der Drache mustert ihn und den Burschen. Er holt tief Luft. Hisaya sieht ihn an und brüllt nur noch "Deckung!" Die Reiter springen beiseite oder hechten hinter irgendwelche Vorsprünge. Im selben Augenblick schießt eine gewaltige Flamme aus seinem Maul und umhüllt den Berater des Imperators samt dessen Sohn.

Tetsu'ko bildet seine Flamme groß, aber - freundlicherweise - nicht heiß. Als das Feuer verlischt, stehen die beiden immer noch da, vollkommen erstaunt, mit angesengten Klamotten und versenkten Haaren. Ein kleines Rauchwölkchen schwebt über dem Berater in der Luft.

Tetsu'ko wendet sich ab und tapst zum Flugloch. Er spreizt seine Schwingen und hebt elegant ab. Für ihn ist das Thema 'großer Hort' damit erledigt. Jetzt zählt nur sein geliebter Reiter.

Hisaya sieht dem davonfliegenden Tier nach. Er wendet sich zu dem immer noch geschockten Berater um.

"Herzlichen Glückwunsch. Das ist das erste Mal in der Geschichte der Drachenreiter, daß ein Drache gekündigt hat."